Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse des Gymnasiums Hechingen bekamen Geschichtsunterricht der besonderen Art: Im Rahmen des Holocaust-Gedenktages besuchten sie in der Alten Synagoge in Hechingen einen Vortrag von Dieter Grupp, dem Vorsitzenden des Vereins „KZ-Gedenkstätten Bisingen“. Er sprach über die mörderischen Geschehnissen rund um das „Unternehmen Wüste“, wozu auch das KZ-Außenlager Bisingen gehörte.
Der informative und zugleich bewegende Vortrag reichte auch räumlich näher an die Schülerinnen und Schüler heran, als sie erwartet hatten. Zwar wurde das „Unternehmen Wüste“ im Rüstungsministerium in Berlin beschlossen, errichtet wurden die sieben dazugehörenden Konzentrationslager jedoch entlang der Bahnlinie Tübingen-Rottweil. Das Projekt zielte darauf, den Ölschiefer der schwäbischen Alb als Treibstoff für militärische Zwecke nutzbar zu machen. Wie es für die nationalsozialistische Herrschaft typisch war, wurden auch an diesem Großprojekt eine Reihe an untereinander konkurrierenden Organisationen, wie Ministerien, Firmen und Forschungsinstitute, beteiligt. Die insgesamt über 11.000 KZ-Häftlinge waren für diese Zwangsarbeit größtenteils aus anderen Konzentrationslagern, wie Auschwitz, nach Bisingen deportiert worden. Bis April 1945 wurden dort über 3480 Menschen ermordet. Das Produkt dieses sinnlosen Projekts war wenig und kaum zu gebrauchender Treibstoff.
Grupp liefterte nicht nur einen Überblick über das „Unternehmen Wüste“, sondern beleuchtete auch Täter, Opfer, Mitläufer und die Nachwirkungen der Verbrechen. Dabei bot er den Schülerinnen und Schülern über Tonband- und Videoaufnahmen die Möglichkeit, die Perspektiven der unterschiedlichen Gruppen im O-Ton kennenzulernen. Durch diese „Lupen“, wie Grupp seine thematischen Vertiefungen nannte, wurden die Dimensionen der Ereignisse für die Zuhörenden greifbarer.
Besonders beeindruckend war die Frage, die Grupp an die Schülerinnen und Schüler richtete: „Was geht mich der Holocaust an?“ Er zeigte auf, dass die nationalsozialistischen Verbrechen nicht abstrakt und fern, sondern auch direkt vor der eigenen Haustür geschehen sind.
Im Anschluss hatten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit Herr Grupp ins Gespräch zu kommen. Im Geschichtsunterricht der nächsten Monate werden sie das Thema weiter vertiefen.